Nachdem sie sich an den Tisch gesetzt hatten, blickte Zixuan ebenfalls zu Huaisang. Vielleicht bildete er sich das auch nur ein, aber er hatte das Gefühl, dass dieser ein wenig nervös wirkte. Das konnte er auch wirklich gut verstehen, bei der Show die seine Eltern gerade abgezogen hatten. Es stand noch in den Sternen, ob sie all das heute Abend unbeschadet überleben würden. Trotzdem warf er Huaisang ein Lächeln zu, von dem er hoffte, dass es aufmunternd oder unterstützend wirken sollte. Auch wenn er ebenfalls nervös war.
Diese Nervosität nahm nur noch zu, als er sah, wer als Kellner bei ihnen eingeteilt war. Da war es nicht verwerflich, dass sich Huaisang sofort hinter seinem Fächer versteckte. Gleichzeitig verwirrte es Zixuan ein wenig, Xue Yang hier zu sehen und dann auch noch in diesem Aufzug. Das war irgendwie sehr seltsam und unerwartet. Immerhin war er auch ihr Klassenkamerad. Kurz sah sich Zixuan um. Irgendwo musste Xingchen sein. Wäre es da nicht angebrachter, wenn Yang als dessen Begleitung hier wäre, nicht als Kellner? Dann bemerkte Zixuan jedoch, wie sein Vater Xue Yang ansah. Am liebsten wäre er im Boden versunken. Das war schon wieder so falsch. Gab es nicht eine Person, die sein Vater ausnahmsweise mal nicht so ansah, als wäre diese nur ein Stück Fleisch? Obwohl das noch zu harmlos ausgedrückt war.
Langsam füllte sich ihr Tisch, da noch Yao und Zixun, sowie dessen Vater dazu kamen. Als einziger seiner Familie erwiderte Zixuan Yaos Lächeln. Bei Zixuns Worten und der Reaktion seiner Eltern, zog Zixuan leicht seine Augenbrauen zusammen. Was sollte das jetzt schon wieder? Er wusste, dass Yao nicht gerade den einfachsten Stand in seiner Familie hatte, aber er hatte wirklich gehofft, dass diese sich am heutigen Abend zurückhalten würden, aber anscheinend würde er auch in diesem Punkt von seiner Familie enttäuscht. "Zixun, er hat recht. A-Yao ist mein Bruder, also Familie und hat genauso das Recht hier zu sitzen, wie du", warf Zixuan ein, als sein Cousin über Yaos Aussage lachte. Dann wandte er sich diesem direkt zu. "Ich für meinen Teil freue mich sehr, dass du bei uns... bei mir sitzt." Er meinte das wirklich sehr ernst und hoffte inständig, dass es auch so bei Yao ankommen würde. "Und, ich bin vorhin nicht dazu gekommen, es dir zu sagen, aber es ist auch schön zu sehen, dass du das Symbol unserer Familie trägst. Es passt sehr zu deinen Gesicht." Zwar machte es Zixuan auch etwas nervös, so offen gegen die Meinung vom Rest seiner Familie zu reden, aber ihm war das gerade sehr wichtig. Was hier passierte war so unfair. Auch wenn es ihm unglaublich schwer fiel seine Gefühle immer konkret auszudrücken, vor allem Yao gegenüber. Doch er wollte sich bessern. Kurz wanderten seine Gedanken zu dem halb geschriebenen Brief, der an Yao adressiert in seinem Zimmer lag. Er hatte Xingchens Tip sehr ernst genommen.
“Natürlich sind es die großen Augen. Er hat das perfektioniert”, stimmte Mingjue zu. Er schüttelte ganz leicht den Kopf. Vielleicht sollte er sich abgewöhnen, sich mit Leuten anzufreunden, denen er nichts abschlagen konnte, weil sie allesamt einen Hundeblick spezialisiert hatten.
Die relativ entspannte Stimmung schlug mit der Ankunft des Kellners um. Mingjue beobachtete Yaos Reaktion auf seine Frage genauer. Es war offensichtlich, dass nicht alles in Ordnung war. Er hoffte wirklich, dass Yao sich nicht wieder verschließen würde. Zwar war ihre Beziehung gerade immer noch sehr wackelig und da ging niemand davon aus, dass man dem anderen sofort wieder blind alles anvertraute. Aber er wollte wenigstens sehen, dass Yao sein versprechen ernst nahm, ihm und Huan gegenüber offener und ehrlicher zu sein. Für einen Augenblick sah es allerdings nicht danach aus. Irgendwie hatte Mingjue schon fast damit gerechnet, trotzdem war er erstaunlich enttäuscht und traurig. Dann schien sich Yao es jedoch noch einmal anders zu überlegen. Stumm ließ Mingjue Yao sich sammeln und seine Gedanken ordnen. Er würde ihn nicht noch mehr dazu drängen zu Reden. Yao musste das selbst entscheiden und ihm genauso entgegen kommen, wie er ihm. Auch wenn Mingjue wirklich dagegen ankämpfen musste, Yao einfach in den Arm zu nehmen, bei dem Gesichtsausdruck, den dieser hatte. So viel zu dem Thema mit den großen Augen. Als Yao dann allerdings meinte, es wäre gerade kein guter Zeitpunkt zum Reden, nickte Mingjue verständnisvoll. Diese Gala war wahrscheinlich wirklich nicht der richtige Moment für wichtige Gespräche. Es war jedoch sehr gut, dass Yao zumindest versprach, zu einem späteren Zeitpunkt Rede und antwort zu stehen. Ein kleiner Schritt in die richtige Richtung. “Okay, dann werde ich definitiv darauf zurückkommen.” Er spürte, wie Yaos Hand kurz die seine berührte. “A-Yao, falls irgendwas sein sollte, du weißt, wo du mich findest”, sagte er noch, bevor Yao sich auf den Weg zu seiner Familie machte. Kurz sah Mingjue ihm besorgt hinterher und dann zu besagten Tisch und Huaisang. Hoffentlich war wenigstens bei diesem alles in Ordnung. Noch sah es nicht danach aus, als müsste Mingjue eingreifen. Also zumindest etwas.
Er machte sich dann auf den Weg zu seinem Tisch, an dem schon Lan Qiren und Zhan saßen. Zur Begrüßung verbeugte er sich kurz, woraufhin diese ihm ebenfalls zu nickten. Zumindest an diesem Tisch sah es so aus, als würde es ein ruhiger und angenehmer Abend werden.
Als Yang an den Tisch der Jins herantrat, konnte er die Anspannung dort fast greifen. Was auch nicht wirklich überraschend war, nach allem, was er im Auto schon mitbekommen hatte. Allerdings tat Yang so, als würde er das überhaupt nicht mitkriegen und lächelte (auch wenn es fake war). Schnell ließ er seinen Blick über den Tisch wandern, um abzuschätzen, wie er am Besten vorgehen sollte. Kurz blieb sein Blick an der Person neben Zixuan hängen. Erstaunlicherweise, war die Tatsache, wie sich diese hinter dem Fächer versteckte, die ihn aufmerksamer werden ließ und ihm verriet, wer genau dort eigentlich saß. Die Bewegung hatte er in letzter Zeit zu oft gesehen. Fast hätte er Lachen müssen. Er hatte nicht erwartet Huaisang als Frau hier zu sehen. Oh, das könnte noch witzig werden. Oder würde es vielleicht, wenn Huaisang an einem anderen Tisch sitzen würde, an dem Jin Guangshan nicht war. Yang ging dieser und dessen Blicke jetzt schon auf die Nerven. Er musste sich daran erinnern, dass der Typ wahrscheinlich viel Geld in der Tasche hatte, an welches Yang wollte. Also hieß es wieder Schauspielern. “Es freut mich sehr, Sie schon so schnell wieder zu sehen, Sir”, sagte er etwas leiser zu Jin Guangshan und klimperte ein wenig mit seinen Wimpern. Dann sah er wieder den gesamten Tisch an. “Hallo, ich…wow…ähm, Entschuldigen Sie, so viele attraktive Prérsonenn an einem Tisch, das hat mich etwas durcheinander gebracht.” Er lachte ein wenig verlegen auf. Ein hoch auf seine Schauspielkunst. “Aber ich bin Yang. Ihr Kellner für heute Abend und bin für alles da, was Sie wollen. Hier sind erst einmal Ihre Karten.” Er beugte sich bei dem Verteilen etwas weiter vor, als nötig und achtete darauf, dass er den einzelnen Personen das Menü direkt in die Hand gab und diese mit seiner eigenen ein wenig berührte. Die Ausnahme dazu bildete Zixuan, der offensichtlich sehr darauf achtete, die Karte an der gegenüberliegenden Seite anzunehmen. Auch zwinkerte er Huaisang zu, als er diesem das Menü gab. Als es dann jedoch danach aussah, als würde gleich ein Familienstreit losgehen, machte sich Yang schnell aus dem Staub und ging weiter zum nächsten Tisch.
Zwar konnte Huan Chengs genaus Gedanken nicht erahnen, aber er bemerkte trotz seinem Enthusiasmus für die gemeinnützigen Organisationen und seinem Redeschwall hier, dass Cheng ihn etwas verträumt ansah. Das war schon ein wenig schmeichelhaft. Gleichzeitig rechnete er es Cheng hoch an, dass er ihn einfach über das alles reden ließ und ihm anscheinend trotzdem irgendwie zuhörte. Zumindest sagte seine Antwort ihm, dass er nicht komplett abgeschaltete hatte. Irgendwie freuten Chengs Worte Huan ungemein. “Ich könnte mir keine bessere Unterstützung wünschen”, meinte Huan.
Dann wechselten sie allerdings das Thema. Huan musste leicht Lachen, als Cheng meinte Mingjue könnte ihm nicht böse sein. “Vielleicht nicht, aber riskieren werde ich es trotzdem nicht. Ich weiß doch, wie wichtig euch beiden das Turnier ist. Danach können wir nochmal darüber reden, ob man das ausfallen lassen kann.” Bei Chengs Aussage mit dem Privatkonzert, musste Huan erneut ein wenig kichern. Erneut dachte er, wie niedlich Cheng war, als er so rot anlief und sich korrigierte. Ein kleiner Teil von ihm dachte, dass er die Zweideutigkeit gar nicht mal störte. Aber so weit waren sie noch lange nicht. Eins nach dem anderen. “Natürlich. Ich habe es immerhin versprochen, oder? Also kriegst du noch dein Privatkonzert. Dafür lässt sich sicher auch noch ein Termin finden.” Huan konnte nicht unterdrücken, dass er leicht amüsiert klang. Was ihn dann erneut freute, ist dass Cheng seinem Vorschlag so begeistert annahm. Sobald er das Wort Hunde erwähnt hatte, strahlte dieser förmlich. Es tat wirklich gut, Cheng so freudig und begeistert zu sehen. Huan wünschte es könnte immer so sein. “Da muss ich aufpassen, dass mir die Hunde nicht gleich die Show stehlen”, zwinkerte er Cheng zu und lachte leicht. “Ich freue mich aber auch ungemein.” sein Lächeln wurde noch breiter, wenn das überhaupt noch ging, als Cheng seine Hand nun auch ordentlich seine Hand umschloss.
Langsam füllten sich allerdings die Tische um sie, weshalb es schwieriger wurde, Privatgespräche zu führen. “Ich glaube, das hier geht gleich offiziell los.” So eine Gala begann meist mit einer Eröffnungsrede des Veranstalters. Huan konnte nur hoffen, dass Jin Guangshan nicht aus den Augen verloren hatte, worum es bei der Spendenaktion eigentlich ging. “Ich glaube, wir müssen langsam zu unseren Tischen zurück.” Er sah sich noch einmal zu diesen um. Bei sich am Tisch hatte sein Onkel Mingjue gerade in eine Gespräch verwickelt und Zhan schien es schon wieder ganz gut zu gehen, auch wenn er sich zurückhielt. Huan blickte wieder zu Cheng. “Falls wir wirklich nicht mehr so dazu kommen werden, heute miteinander zu reden, dann freue ich mich schon darauf, das morgen nachzuhohlen”, meinte er spielerisch, bevor er ernster wurde. “Und, A-Cheng, denk daran, wenn es nötig werden sollte: an unserem Tisch ist ein Platz für sich frei.” Er drückte noch einmal dessen Hand.
Für Song Lan war es definitiv ein großer Erfolg, dass Xingchens Mutter direkt auf den Kommentar ansprang. Und auch wenn diese versucht hatte, einen Skandal um ihren Sohn zu verhindern, war es dafür schon zu spät. Es hatten sicher genug Reporter mitbekommen, dass Xingchen Yang zur Begrüßung geküsst hatte und davon gab es sicherlich Bilder für die Klatschpresse. Als Xingchens Mutter dann hysterisch fragte, was Yang denn ihrem ach so lieben, unschuldigen Kind angetan hatte, öffnete Song Lan den Mund, um zu Antworten. Doch Xingchen kam ihm zuvor bei dem Versuch Yang zu verteidigen. Doch so einfach ließ sich Song Lan das nicht nehmen. “Wie bitte? Xingchen, ich verbreite keine Gerüchte. Das kannst du mir wirklich nicht vorwerfen. Das sind Fakten. Da könntest du hier jeden Fragen. Du bist derjenige, der Xue Yang nicht richtig einschätzen kann.” Alles, was Xingchen sagte, auch auf die Aussage von Song Lans Mutter,, schien gar nicht bei dem Rest des Tisches anzukommen. Es war fast so, als wollte ihm gar keiner zuhören. Als wäre, was er zu seiner eigenen Beziehung sagte, nicht so wichtig, wie das was andere davon hielten. Song Lans Mutter schüttelte nur betrübt den Kopf. “Oh Kindchen”, meinte sie in einem Ton, bei dem man vermuten könnte, sie redete darüber, dass sein Haustier gestorben war. “Ich versteh das doch. Du glaubst du bist verliebt. Da will man die Fehler des anderen nicht wahr haben. Objektiv ist das dann vielleicht aber auch anders. Aber wir versuchen dich wirklich nur zu schützen. Wir wollen nicht, dass du irgendwann aufwachst und alles bereust.” Sie tätschelte Xingchens Hand über den Tisch hinweg ein wenig. Dann beugt sie sich zu Xingchens Mutter hinüber und sagte leiser, aber immer noch für alle hörbar. “Der arme Junge, er tut mir so leid. Er kann schließlich nichts dafür, dass er es nicht besser weiß. Ich hab mir schon solche Sorgen um ihn gemacht. Seit letzter Woche schon. Da hat dieser… dieser Kerln unser armes Xingchen auf einem Motorrad abgeholt. Wie gefährlich das ist. Ich wollte sowieso noch mal mit dir darüber reden, aber die letzten Wochen waren so stressig. Es ist so gut, dass ihr jetzt bescheid wisst und Xingchen beschützen könnt. Das ist so unglaublich wichtig für ihn. Er braucht da definitiv die Unterstützung seiner Eltern.” Es nickten alle Beteiligten am Tisch, als Xingchens Vater so wütend meinte, sie würden später darüber reden. “Das stimmt, das ist nicht ganz der richtige Zeitpunkt, aber ihr habt meine volle Unterstützung”, fügte Song Lans Mutter noch hinzu. Song Lan selbst konnte ein Grinsen nicht ganz unterdrücken. Vielleicht hätte er von Anfang an diesen Weg wählen sollen um Xue Yang loszuwerden.