Für einen Moment glaubte Qingqiu, dass Xue Yang ihm nun etwas erzählen würde, doch er bemerkte schon nach den ersten paar Sekunden, dass in diesen Worten nicht viel Wahrheit lag. Während er so erzählte, sah Qingqiu ihn ruhig an, doch in seinem Ausdruck war weder Verachtung, noch sonst eine negative Emotion zu erkennen, die darauf schließen lassen würde, dass er Yang verurteilte. Ganz im Gegenteil. Es tat ihm im Herzen weh, dass vor ihm eine so junge Person saß, die es scheinbar so sehr gewohnt war, Erwachsenen ein Theater vorzuspielen und das war vermutlich reiner Überlebenstrieb. Yangs Mimik passte nicht zu dem, was er sagte und Qingqiu seufzte leise. Aber nicht enttäuscht, es war eher weil er sich nicht sicher war, wie er am besten vorgehen sollte, um Yang zu beweisen, dass er ihm vertrauen konnte. ,,Das sind wirklich wilde Gerüchte, die hier über dich kursieren und natürlich ist mir auch schon einiges zu Ohren gekommen." Sagte Qingqiu und nahm nun selbst einen kleinen Schluck Tee, vllt auch, um etwas Zeit zu gewinnen. ,,Teenager haben eine blühende Fantasie und stecken ihre Nase gerne in Dinge, die sie nichts angehen. Außerdem..." Sagte er und schielte kurz zu Xingchen. ,,Damit meine ich nun nicht dich, Xingchen, aber viele der Kinder hier sind sehr gelangweilt und für sie ist ein Leben außerhalb ihrer Welt so fremd, dass sie wild darüber fantasieren, wie wohl alle Menschen leben, die nicht in eine reiche Familie geboren wurden." Qingqiu hob leicht eine Braue und ein zartes Lächeln legte sich auf seine Lippen. Er wollte Xue Yang damit sagen, dass er den Gerüchten nicht glaubte. Xingchen schien nun ebenfalls zu merken, dass sein Lehrer etwas lockerer wurde und er entspannte sich allmählich ebenfalls. ,,Was ich sagen will ist, dass es immer zwei Seiten einer Münze gibt. In meiner Schulzeit gab es Gerüchte darüber, dass ich meine guten Zensuren nur bekam, weil ich angeblich ein Verhältnis mit meinem Lehrer hätte. Dabei war ich im Unterricht einfach immer nur sehr still und habe in meinen Teenager Jahren den ganzen Tag gelesen, weshalb mein Allgemeinwissen groß war, doch ich hatte von vielen Dingen trotzdem keine Ahnung." Gab Qingqiu nun etwas peinlich berührt zu. Er wusste nicht recht, wieso er Xue Yang diese peinliche Geschichte erzählte, doch Xingchen Kicherte nun leise. ,,Tut mir leid, Herr Shen, ich lache sie nicht aus. Ich kann mir nur gut vorstellen, dass sie lieber Zeit Büchern als auf Partys verbracht haben." Sagte Xingchen, der noch immer Yangs Hand hielt. Qingqiu seufzte theatralisch und nickte, dabei erröteten seine Wangen etwas. ,,Das ist natürlich nicht mal ansatzweise mit den Gerüchten zu vergleichen, die sich deine Mitschüler über dich ausdenken. Aber weißt du,... So habe ich gelernt, dass Teenager eine blühende Fantasie haben und sich gerne Geschichten ausdenken. Wer weiß, vielleicht bist du in der nächsten Story schon der Mafia Boss?" Nahm Qingqiu das etwas auf die Schippe, jedoch ließ er durchscheinen, dass er damit Yangs Mitschüler auf die Schippe nahm. ,,Ich interessiere mich eher für die Wahrheit. Das würde mir sehr viel bringen, auf dem Weg, dir zu helfen." Sagte er nochmal etwas ernster, jedoch mit Wärme in seiner Stimme. Es war ihm wirklich ein Anliegen, hier zu helfen.
,,Hast du das gehört, Bruno?" Sagte Cheng und wuschelte ihm übers Fell. ,,Dann kannst du bald wieder deine Freunde auf Trab halten." Grinste er und schielte zu Huan. Gerade rechtzeitig, um diese bezaubernde Röte auf seinen Wangen zu sehen. Wieder einmal dachte Cheng, wie wunderschön dieser doch war und das löste auch bei ihm wieder einen neuen Schwall Flattern in der Brust aus. Sie kuschelten sich nun noch etwas enger aneinander und Cheng spürte die Wärme, die von Huans Hand ausging, als dieser sie auf seinen Schenkel legte. Cheng musste sich ein genussvolles Seufzen unterdrücken, denn eine sanfte Gänsehaut legte sich über seinen Körper. So genoss er es noch ein paar Minuten hier so mit Huan zu sitzen und Bruno zu beobachten, bis dieser dann wieder wegflitzte, als Huan davon sprach, dass er wieder mit reinkommen sollte. ,,Sieht aus, als hätte er andere Pläne." Grinste Cheng und drehte den Kopf leicht, als er merkte, wie Huan zu ihm aufblickte. Sofort begannen seine Augen dann aber wieder zu leuchten. Er wollte unbedingt noch die anderen Hunde kennen lernen. Auch wenn er Bruno gerne mitnehmen wollte. Als er dann aber wieder Huans Lippen auf seiner Haut spürte, errötete er wieder und nickte sofort. Wenn Huan ihn so fragte, würde er ihm wohl nie etwas abschlagen können. Das wusste Cheng jetzt schon. ,,Mal sehen, ob er sich von mir einfangen lässt." Cheng drehte ebenfalls leicht den Kopf und war dann selbst erstaunt darüber, dass er so mutig war und Huan auf die Schläfe küsste. Dann stand er aber schnell auf, damit man ihm seine Verlegenheit nicht ansehen konnte. An dieses zärtliche Miteinander wollte er sich gerne gewöhnen. Er fühlte sich, als würde er auf Wolken laufen, als er auf Bruno zuging. Dieser ging sofort in Spielstellung, beobachtete, wie Cheng näher kam. Dieser lachte nun leicht und hockte sich einen Meter entfernt auf den Boden. ,,Komm, Kumpel. Ab ins Bettchen, dann bist du morgen wieder topfit, wenn ich dich besuchen komme." Sagte er bestimmt und klopfte auf sein Bein, woraufhin Bruno auf ihn zusprang, aber eher, um spielerisch mit ihm zu kämpfen. Cheng ließ ihn einen Moment noch mit seiner Hand zerschen, bevor er Hund sich erschöpft vor seinen Füßen zusammen rollte. ,,Na siehst du. Jetzt bist du müde." Sagte er liebevoll und nahm den kleinen Hund auf seinen Arm, der sich sofort vertrauensvoll an ihn kuschelte. Mit einem Lächeln kam er zu Huan zurück. ,,Schau ihn dir an. Er ist total fertig."
Während Mingjue an der Tür mit dem Kerl redete, standen Yao und Huaisang eine Etage weiter oben so um die Ecke, dass man sie von unten nicht sehen konnte, sie aber jedes Wort hören konnten. Yao wurde schon schlecht, wenn er nur hörte, was der Kerl für Lügen erzählte. Als ob sein Vater sich wirklich Sorgen machen würde! Er hätte höchstens Sorge, dass Yao vielleicht doch mal etwas ausplauderte und er wieder in einen Skandal verwickelt wäre. Nicht, dass dieser ihm dauerhaft schaden würde. Er wusste, wie er sich aus solchen Dingen gut rauskaufen konnte. Huaisang schien den frustrierten Laut gehört zu haben , den Yao leise von sich gegeben hatte, denn er legte zart eine Hand an dessen Schulter. Yao bemerkte jetzt erst, dass er Huaisangs andere Hand hielt. Es schien so, als wollten sie sich beide gegenseitig davon abhalten, sich schützend vor Mingjue zu stellen. Dieser war im Lügen nämlich nicht der Beste. Und das war noch nett ausgedrückt.
Währenddessen hörte der Handlanger von Guangshan sich das alles an, schien Mingjue aber tatsächlich nicht wirklich tz glauben. Trotzdem hatte er hier ja keine Handreiche. ,,Mh." Machte er nachdenklich, ließ sich aber anmerken, dass er kein Wort glaubte. ,,Das wäre sehr untypisch, für den jungen Herren. Er ist normalerweise sehr wohl erzogen und meldet sich ab. Sie dürften ihn ja gut genug kennen." Damit ließ der Mann durchscheinen, dass er schon sehr genau wusste, dass die beiden mal ein freundschaftliches Verhältnis gehabt hatten. Dass sich normal keiner wirklich darum scherte, wo Yao sich aufhielt, ließ er dabei mal schön unter den Teppich fallen. Er zog eine Visitenkarte und reichte sie Mingjue. ,,Dennoch, vielen Dank für Ihre Mithilfe. Wenn Sie etwas wissen, melden Sie sich doch. Master Jin wäre es ein großes Anliegen seinen Sohn wohlbehalten wieder zu finden." Kurz ließ er seinen Blick an Mingjue vorbei ins Haus schweifen, doch natürlich konnte er ihn dort nicht sehen. ,,Guten Tag." Sagte er zum Abschied und ging zum Wagen zurück. Für ihn war klar, dass Yao sich hier aufhalten musste, doch weitere Schritte würde er mit seinem Boss besprechen.
,,Er glaubt ihm nicht..." hauchte Yao nun etwas im Schock, woraufhin Huaisangs Griff an seiner Schulter fester wurde. ,,Das kann sein. Du weißt ja, dass Da-Ge nicht lügen kann." Gestand Huaisang ihm zu. ,,Aber genauso wenig wird er zulassen, dass dich jemand holen kommt." Sagte er, woraufhin Yao ängstlich seinen Blick hob und Huaisang ansah. ,,Und ich werd das auch nicht zulassen. Wir passen auf dich auf." Es war überraschend, diese Worte zusammen mit so viel Ehrlichkeit von Huaisang zu hören. So überraschend, dass Yao das Gefühl hatte, sein Herz würde kurz aussetzen. Seine Augen wurden wieder feucht, als er den Blick senkte und nickte. Er musste sich auf die Unterlippe beißen, um nicht wieder zu schluchzen. Huaisang hätte vor ein paar Tagen noch seine Hand dafür ins Feuer gelegt, Yao bei der nächsten Gelegenheit in den Schlund der Hölle zu schubsen, doch nach allem, was er seit gestern mitbekommen hatte; Yaos Körpersprache, die Art und Weise, wie schützend und tröstend Mingjue ihn im Arm gehalten hatte und vielleicht hatte Huaisang auch das ein oder andere gehört... eventuell - hatte ihn all den Groll für den Moment vergessen lassen. Das alles fühlte sich für ihn einfach zu nah an. Er sah gerade sich selbst und Mingjue, wie sie sich damals ebenfalls vor ihrem Stiefvater versteckt hatten und Huaisang erinnerte sich noch daran, wie viel Angst er jedes Mal gehabt hatte. Und wie sein großer Bruder ihn festgehalten hatte. Niemand sollte sich so fühlen müssen. Nicht mal Yao. Der Groll gegen ihn war erschreckend geschrumpft und gerade hatte sogar Huaisang das Bedürfnis, ihn schützen zu wollen. So hielt Huaisang ihn einfach fest und lauschte, bis die Tür ins Schloss fiel. Erst dann traten die beiden wieder um die Ecke und sahen zu ihm runter. ,,Wir brauchen einen Plan, oder?" Sagte Huaisang dann ganz klar und sah seinen Bruder an, während er Yao noch immer an der Hand festhielt.