Erleichterung durchströmte Yang für einen Augenblick, als seine Schwester tatsächlich seinem Plan folgte. Allerdings nur so lange, bis ihn der nächste tritt in der Magengegend traf. Doch das musste er nun erst einmal aushalten. Zumindest bis sich die Möglichkeit ergab ergab selbst zu fliehen. Ihm war bewusst, dass sein Vater direkt hinter ihm war. War die Tür zum Flur schon immer so weit entfernt gewesen? Yang stolperte mehr durch die Tür, als alles andere und stürzte sich an der gegenüberliegenden Wand ab. Zum Glück dachte Qing mit und schlug die Tür hinter ihm zu und schloss anschließend sogar ab. Als sie nach seiner Hand griff, zwang sich Yang zu einem Lächeln. "Du warst brilliant", murmelte er außer Atem. Der kurze Sprint hatte seinem Brustkorb keinen Gefallen getan. Bei jedem Atemzug brannte er. Doch das wollte er vor A-Qing nicht zeigen. Sie brauchte sich nicht noch mehr Sorgen zu machen. In der Wohnung begann ihr Vater sie weiter durch die Tür hindurch zu beschümpfen. Yangs Hände flogen über Qings Ohren und hielt diese zu. Sie hatte heute schon genug gehört. Dann nickte er mit dem Kopf in Richtung der Treppe. Sie sollten von hier verschwinden, bevor ihr Vater auf die Idee kommen würde, nach einem Ersatzschlüssel zu suchen. Während sie die Treppe herunter gingen, musste Yang sich an dem alles andere als stabilen Geländer festhalten. Ihm wurde immer wieder schwummrig vor Augen. Jeder Schritt zog sich schmerzhaft durch seinen ganzen Körper.
Erst als die aus dem Haus getreten waren, wagte es Yang tiefer einzuatmen. Sofort wurde ihm schlecht. Doch das versuchte er erst einmal hinunter zu schlucken. Es gab wichtigeres. Also drehte er sich zu seiner Schwester. "Er ist nicht bis zu dir gekommen, oder? Dir ist nichts passiert?" Er mussterte sie so gut es gerade ging. "So dankbar ich dir auch bin, bitte begeb dich in Zukunft nicht mehr in Gefahr für mich. Ich komm damit schon klar." Er stich sich eine blutverschmierte Strehene aus dem Gesicht, was die Aussage definitiv nicht glaubwürdiger machte. Innerlich seufzte er. Sie waren zwar ihrem Vater entkommen, aber dafür waren sie jetzt mittellos auf der Straße. Für Yang war auch das nichts neues, aber eigentlich versuchte er immer dafür zu sorgen, dass A-Qing mit ihrer angeschlagenen Gesundheit das nicht durchmachen musste. Langsam zog er seine Lederjacke aus und legte sie Qing um die Schultern. Dabei versuchte er sein Gesicht nicht allzu sehr zu verzeihen, um zu verstecken, dass ihm einige der Bewegungen Schmerzen bereiteteten. Kurz schloss er die Augen, um einen klaren Gedanken zu fassen und zu überlegen, was nun die beste Vorgehensweise war, was nicht so einfach war, wenn einem der Schädel dröhnte und es sich anfühlte, als würde eine Seite in Flammen stehen. Jetzt würde niemand mehr Qing spontan aufnehmen. Abgesehen davon, dass er sie in diesem Zustand sowie nicht fahren könnte. So unvorsichtig, wie er mit seinem eigenen Leben manchmal war, war er sich doch bewusst, wie dumm es wäre in diesem Zustand auf das Motorrad zu steigen. "Okay, okay, wir werden ein paar Dinge für die Nacht brauchen." Erst einmal müssten sie dafür sorgen, dass sie nicht erfroren oder hungerten. Je nachdem wie viel Kraft er dann noch hatte, könnten sie vielleicht eine öffentliche Toilette finden, wo er seine Wunden reinigen und versorgen konnte, bevor sie einen halbwegs sicheren Ort für die Nacht finden mussten. Er wusste von einer Altkleidertonne nicht weit weg, bei der sich sicher war, dass er sie öffnen konnte. Also lief Yang in die Richtung los, darauf achtend, dass Qing an seiner Seite war. Wenn er langsamer lief, als sonst, dann hoffte er, würde es nicht auffallen.